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Vom Echo zum Zecho

 

Wechselt auch die Mode, bleibt gattungsgemäßer Korpus Spezi Mensch doch gleich. Diese Gleichung gilt auch für andere Größenbezüge. Im Glauben, man wechsle lediglich die Verpackung gängiger Ware so wecke sie neues Interesse, üben sich Autoren auf dem Markt der Worte an Wortschöpfungen, obwohl rezeptiver Sinnkontext nichts Neues ausweise. Nicht anders bei allstudienfälligen Qualifikationsarbeiten und dergleichen. Im verstärkten Maße gilt dies ebenso für die Lust, oder besser für den Zwang spitzenpolitisch Agierender, inopportune Ausdrücke negativer Deutung wohlgefälliger zu verpacken, um angebotene Ware schmackhafter unter das Volk zu bringen. Auch technische Welt erfindet sich in der Flut, oder ist’s Wut, dinglichen wie virtuellen Produkte neue Zeichen kurzlebiger Güter zu verleihen. Allen aufgeführten Wortschöpfungsweisen ist eins gemeinsam: Bleibt auch die Stafette, tragen sie wechselnde Läufer. Als rein logistisch zu wertende Produktionen von Wortherstellerei  versorgen sie den „Markt der Wortmobilitäten“.

Doch trotz allen Wortänderungstrieben und Treiben auf dem „Markt der Mobilitäten“ bleibt uns anthropologische Konstante: Mensch bleibt Mensch. Denn alle Begriffe und Zeichen, welche menschliches Sein und zwischenmenschliche Prozesse definieren, be- und umschreiben, bleiben ein Gleiches, so lange Menschen Menschen sind. Jegliche Signaturen aus dieser Quelle könnte man mit „Markt der Modalitäten“ zusammenfassen. Geht es auf dem „Markt der Mobilitäten“ gleichsam inflationär zu, so lässt sich hier auf dem „Markt der Modalitäten“ sogar ein Mangel entdecken. Es fehlt seit jeher ein Wort, dessen Sinnsphäre einen der wesentlichsten Prozesse verbalen menschlichen Werdens und Wachsens umschreibe. Wir kennen das Wort: Widerhall mit synonym Echo. Es ist ein einfältiges Echo, denn wie gerufen, so schallt‘s original ebenso zurück, deshalb einfältig. Als akustisch Gespiegeltes, bar jeglich weiterführender Information, ist Echo und Widerhall völlig inhaltslos, weil mit keinem informativen Mehrwert ausgestattet und somit ohne Wert. Allenfalls spaßig als Naturphänomen, hat aber keine menschlich wertschöpfende Funktion; ist im  kommunikativen Verständnis völlig bedeutungslos.

Indes wäre es, im oben angedeuteten menschlichen Information- und Bildungsprozess weitaus signifikanter – entgegen mythischer Herkunft und etymologischer Auslegung, sogar im Widerspruch zur rechten Schreibweise – der Begriff «Wiederhall». Dieser versteht sich als ein Echo, welches auf eine Botschaft eine weitergehend entsprechend sinntransformierte Antwort trägt. Es ist ein «Wiederhall», in welchem der Angesprochene bereits reflexiv anwesend ist. In dieser Version steht Echo – als Zeichen und Begriff – für antwortgefüllten «Wiederhall» und wiederhallen bedeutet hier sinnfällig geantwortet zu haben. Es signalisiert: Siehe! Mensch! Ecce Homo! Es tönt, es klingt: ein anderer Mensch dahinter. Kein von Steinen, Fels- und Abgründen hart und kalt reflektiertes einfältiges Echo. Verwendet man den Begriff  «Wiederhall», ist somit ein zwiefältiges Echo intendiert. Und dieses besondere Echo, da Nachrichtenwert zwiefältig, sei hier, meine Zeilen straffend, vorschlagsweise mit «Zecho» benannt. In Nähe zur Kürze gekommener Entfernung: Das Wort «Zecho», respektive «Wiederhall» wäre ein fundamentaler Neubegriff „Auf dem Markt der Modalitäten“, was ich erklären möchte.

Seit jeher – von alttestamentarischer Härte über radikale Denkformen bis zu den Denkmälern der Aufklärung – vom Urmenschen bis zu heutigem sozialisierten Menschen – hat sich – in Genesis Spezi Mensch – durch ständige «Zechos» an wechselnde Umfelder so angepasst, dass er ohne größere Widersprüche über die gesellschaftlichen Hürden gelangt. Auf wie viele Zeichen, auf wie viele Warnungstafeln musste ein jeder aus seiner Umwelt reagieren, um so zu werden, wie er heute ist? Dazu formten ihn in ständiger Wiederkehr die zwiefältigen Echos, die «Zechos» zu welterfahrener Erfahrung und Lernen. Das ist grundlegender Wirkmechanismus zwiefältiger Echos, des hier entwickelten «Zechos».

Echo ist, als leere Widernachricht einfältiger Information innerhalb deutscher Rechtschreibung, an das Synonym: Widerhall gebunden, während vorgeschlagener Begriff : «Wiederhall», jenseits offiziellen Wortbestandes ist. Ist die Zeichenbindung: Widerhall – Echo innerhalb der Linguistik von geringer Deutungssphäre, so ist komplementärem Wortbindungskorpus: zwiefältiger «Wiederhall – Zecho», wie ausgeführt, eine tiefe weitgespannte Sinnsphäre echter menschlicher Kommunikation mit existenzieller Bedeutung  zuzuweisen. Treuner schlägt vor, das Zeichen «Wiederhall» in den Kanon deutscher Rechtschreibung aufzunehmen. Vor allem deshalb, weil in heutiger Sprache – populärer Sprache – die einfältigen Worte – Echo und Widerruf – irregulär zu dem hier abgeleiteten Sinn, vorwiegend innerhalb kommunizierenden Austausches falsch verwendet werden. So rebelliert jegliches Verständnis-, Sprach- und Stilgefühl.

Die Begriffe «Wiederhall / Wiederruf → Zecho» bilden als Bezugsinstanzen ein «Wiederspiel» mit direktem Hinweis zum Befahren weiterführender Erfahrungswelt. Sie wären umfassende Vertreter eines menschenlangen Grundprozesses von Bildung. Lediglich Zecho ist ein wertzusatzschöpfender Beitrag zu verbalen Reflektionen, Aktionen und Momenten.   

Meinen Vorschlag verwerfen oder nicht verwerfen! Gern höre/lese ich ein Zecho von euch, doch kein Echo.

Ingo R. H. Treuner

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